Das Arbeitsgericht Berlin hat in seinem Urteil vom 1. September 2023 (Az.: 21 Ca 1751/23) die Kündigung des ehemaligen Verwaltungsdirektors des RBB bestätigt. Dieser sollte nach Ablauf seines Dienstvertrages ein Ruhegeld von fast 21.000 Euro monatlich erhalten. Das Gericht erklärte den Dienstvertrag für sittenwidrig und nichtig, da die Regelung zum Ruhegeld ein grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung darstellte und den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zuwiderlief.
Der Sachverhalt
Der Kläger war seit 2008 Verwaltungsdirektor des RBB und hatte einen befristeten Dienstvertrag, der zuletzt bis zum 31. Dezember 2023 verlängert wurde. Im Jahr 2018 schlossen die Parteien einen neuen Dienstvertrag, der unter anderem eine Regelung zum nachvertraglichen Ruhegeld enthielt. Nach diesem Vertrag sollte der Kläger nach Dienstvertragsende ein Ruhegeld in Höhe von 100 Prozent seiner monatlichen Vergütung erhalten, die zuletzt ca. 20.900 Euro brutto betrug. Das Ruhegeld sollte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt werden, ohne Anrechnung auf andere Einkünfte oder Versorgungen. Auch eine Hinterbliebenenversorgung für die Ehefrau des Klägers war vorgesehen.
Im Januar 2023 kündigte der RBB den Dienstvertrag außerordentlich und hilfsweise ordentlich. Die Kündigung begründete sich damit, dass der Dienstvertrag aufgrund der Regelung zum Ruhegeld sittenwidrig und nichtig sei. Der Kläger erhob Klage gegen die Kündigung und verlangte die Feststellung, dass sein Dienstverhältnis bis zum 31. Dezember 2023 fortbestehe und er Anspruch auf das vereinbarte Ruhegeld habe. Der RBB erhob Widerklage und verlangte die Rückzahlung der ARD-Prämie für den ARD-Vorsitz sowie die Entgeltfortzahlung während der Arbeitsunfähigkeit.
Die Entscheidung
Das Arbeitsgericht wies die Klage des Klägers ab und gab die Widerklage des RBB teilweise statt. Der Dienstvertrag wurde als sittenwidrig und nichtig erklärt, da das Ruhegeld ein deutliches Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung darstellte. Das Gericht berücksichtigte dabei mehrere Gesichtspunkte:
- Das Ruhegeld sollte vor Erreichen des Rentenalters ohne entsprechende Leistung gezahlt werden.
- Die Höhe des Ruhegelds von 100 Prozent der monatlichen Vergütung überstieg deutlich das Durchschnittseinkommen in Deutschland.
- Das Ruhegeld war nicht auf andere Einkünfte oder Versorgungen anrechenbar, ermöglichte also eine Doppelversorgung.
- Die Hinterbliebenenversorgung für die Ehefrau des Klägers war ebenfalls nicht auf andere Bezüge anrechenbar.
Das Gericht stellte fest, dass die Vereinbarung des Ruhegelds über eine angemessene Kompensation für das Arbeitsplatzrisiko hinausging. Es betonte die Bindung des RBB an die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit als öffentlich-rechtliche Anstalt. Aufgrund der Nichtigkeit des Dienstvertrages hatte der Kläger keinen Anspruch auf Ruhegeldzahlungen und Hinterbliebenenversorgung, wodurch die Kündigung wirksam war. Die Rückforderung der ARD-Prämie wurde teilweise stattgegeben, und die Entgeltfortzahlung während der Arbeitsunfähigkeit konnte nicht zurückgefordert werden.
Die Bedeutung für die Praxis
Das Urteil verdeutlicht, dass Arbeitgeber nicht schutzlos gegenüber unangemessenen Vergütungsvereinbarungen sind, die ein grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung aufweisen. Solche Vereinbarungen können sittenwidrig und nichtig sein, wenn sie die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verletzen, insbesondere bei öffentlichen Einrichtungen. Arbeitgeber sollten bei der Gestaltung von Vergütungsvereinbarungen stets die Verhältnismäßigkeit und Transparenz beachten und eine faire Personalpolitik verfolgen.