Krankheitsfortsetzung und Entgeltfortzahlung: Was Arbeitgeber wissen sollten

Der Arbeitnehmer war im Zeitraum vom 1. bis 30. März 2022 erkrankt. Da der Anspruch auf Entgeltfortzahlung von sechs Wochen zu diesem Zeitpunkt bereits erschöpft war, verneinte das Arbeitsgericht Herne in seinem Urteil vom 11.01.2023 (5 Ca 1406/22) einen Entgeltanspruch gemäß § 3 Abs. 1 EFZG. Die Arbeitgeberin hatte bereits für insgesamt 43 Krankheitstage Entgeltfortzahlung geleistet, die auf dasselbe Grundleiden zurückzuführen waren, und erfüllte damit ihre Entgeltfortzahlungspflicht vor dem 1. März 2022.

Ein neuer Anspruch gemäß § 3 Abs. 1 EFZG würde nur entstehen, wenn die Arbeitsunfähigkeit auf einer anderen Krankheit beruht. Handelt es sich um dieselbe Erkrankung (Fortsetzungserkrankung), entsteht ein neuer Anspruch nur, wenn der Arbeitnehmer vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit mindestens sechs Monate lang nicht aufgrund derselben Krankheit arbeitsunfähig war oder seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit zwölf Monate vergangen sind.

Eine Fortsetzungserkrankung liegt vor, „wenn die Krankheit, auf der die frühere Arbeitsunfähigkeit beruhte, in der Zeit zwischen dem Ende der vorausgegangenen und dem Beginn der neuen Arbeitsunfähigkeit medizinisch nicht vollständig ausgeheilt war, sondern als Grundleiden latent weiterbestanden hat, so dass die neue Erkrankung nur eine Fortsetzung der früheren Erkrankung darstellt. Die wiederholte Arbeitsunfähigkeit muss auf demselben nicht behobenen Grundleiden beruhen. Dieses kann verschiedene Krankheitssymptome zur Folge haben.“

Da der Arbeitgeber in der Regel keine Kenntnis über die Krankheiten hat, die zur Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers führen, muss der Arbeitnehmer nachweisen, dass keine Fortsetzungserkrankung vorliegt. Dafür kann er eine ärztliche Bescheinigung vorlegen. Bestreitet der Arbeitgeber das Vorliegen einer neuen Krankheit, liegt es am Arbeitnehmer, die Tatsachen darzulegen, die den Schluss zulassen, dass keine Fortsetzungserkrankung vorlag. Dabei muss der Arbeitnehmer den Arzt von der Schweigepflicht entbinden. Die 1. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm bestätigte dieses Ergebnis in ihrem Berufungsurteil vom 18. August 2023 (1 Sa 127/33). Der Arbeitnehmer habe nicht ausreichend dargelegt, dass keine Fortsetzungserkrankung vorlag, gemäß den Regeln der abgestuften Darlegungs- und Beweislast, wie vom Arbeitsgericht Herne korrekt dargestellt. Es reiche aus, dass der Arbeitnehmer laienhaft seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen und Beschwerden im relevanten Zeitraum beschreibt, die sich auf seine Arbeitsfähigkeit ausgewirkt haben. Außerdem müsse der Arbeitnehmer die behandelnden Ärzte von ihrer Schweigepflicht entbinden. Eine Bestätigung der Krankenkasse über das Nichtvorliegen einer Fortsetzungserkrankung genügt nicht. Sie ersetzt keinen eigenen Tatsachenvortrag, sondern kann diesen allenfalls ergänzen.